Link Yoga

Link Termine

Link Aufsätze

Link Impressionen

Link Kontakt

Link Lageplan

Link Links

Link Impressum

Fragen und Antworten zur Praxis und Theorie im Yoga

Abschlussarbeit - Teil 1

zum Seitenanfang


0. Zum Hintergrund der Abschlussarbeit
Diese Arbeit ist ein großer Bestandteil der Abschlußprüfung zum Yogalehrer GGF/BDY/EYU.
Zusammen mit praktischen und mündlichen Prüfungen endete im Mai 2002 die 3 1/2 jährige qualifizierte Yogalehrausbildung nach den Richtlinien des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland e.V. (BDY) und der Europäischen Yoga Union (EYU). Die Ausbildungsstätte ist die Yogaschule der Gesellschaft für Geisteswissenschaftliche Forschung e.V. in Düsseldorf (GGF).
Der Abschluß der Yogalehrausbildung erfolgte vor dem Prüfungsausschuß der GGF und vor der Prüfungskommission des BDY/EYU.

Der erster Teil der Abschlußarbeit befaßt sich intensiv mit den Fragen der Philosophie und Pädagogik im Yoga.

Im zweiten Teil der schriftlichen Arbeit geht es um ein selbst gewähltes Thema, das die persönlichen Bezüge und Schwerpunkte der eigenen Yogapraxis und -erfahrung darstellt.

zum Seitenanfang


1.1. Die Bedeutung des Yoga für mein Leben
Meine Herzrhythmusstörungen führten mich vor einigen Jahren zu einem renommierten Kardiologen. Nach Abschluss der Untersuchungen entstand ein anregendes Gespräch zwischen uns, in dem ich ihm eindeutig zu verstehen gab, dass ich eine Therapie mit Beta-Blockern, für Ärzte die einfachste Methode diesen Symptomen meiner Erkrankung Einhalt zu bieten, konsequent ab-lehnte. Sein Erstaunen hielt sich in Grenzen, denn er war einer dieser "guten" Mediziner, die den Menschen als Einheit betrachten und im Herzen mehr sehen, als ein Körperorgan, dass physiologisch betrachtet sicher wichtige Arbeit zu leisten hat.
Mein Erstaunen war dann um so größer, als er mir sagte: "Versuchen Sie es mal mit YOGA!"
Sofort setzte ich diesen Vorschlag in die Tat um und seit diesem Tag ist der Yoga ein fester und konstanter Teil meines Lebens geworden.
Die konsequent aufbauende Vermittlung in der Praxis der asanas durch eine kompetente Yogalehrerin war für mich der Impuls, den ich für mein Leben brauchte. Ich spürte, dass meine Ängste, die ja psychologisch gesehen, in engem Zusammenhang mit meinen Herzproblemen standen, ganz allmählich abnahmen und ich durch die asana-Praxis physisch kräftiger und psychisch stabiler und belastbarer wurde.
Genau zu diesem Zeitpunkt erkrankte mein Mann an Krebs. Wieder waren sie da, die Ängste, die sich mit Gefühlen der Wut und Machtlosigkeit mischten.

Aber ich habe gerade in dieser Zeit akribisch meine Yoga-Praxis fortgeführt, meine ersten Erfahrungen in der Meditation gemacht und wahrscheinlich damals ohne Kenntnis von isvara pranidhana auf eine höhere Macht vertraut, die uns führt und die Hingabe an das Göttliche lehrt. Dieses tiefe Vertrauen an eine Kraft, die jenseits der menschlichen Vorstellung liegt, hat mir Gelassenheit geschenkt und mich bestärkt, mich dem Fluss des Lebens hinzugeben.
Heute gilt mein Mann als geheilt und vieles ist auch in unserer Familie und unserem Miteinander "heil" geworden. Der geplante Lebensweg war an einer Gabelung angekommen: das bisherige Leben wurde in Frage gestellt und letztlich als unbrauchbar für die Zukunft angesehen. Jetzt ist jeder Tag ein bewusster Tag, eine Heraus-forderung mit dem Geschenk des Lebens fürsorglich umzugehen. Man könnte von familiärer Integration sprechen: wir leben im "Einklang" miteinander. Aus Zweifel und Unzufriedenheit ist durch den Yoga innerhalb unserer Familie eine Harmonie entstanden, die vieles geordnet hat und uns neue Perspektiven ermöglicht.

Der Yoga lehrt mich jeden Tag, bewusst und verantwortlich mit mir und meinen Mitmenschen umzugehen. Yamas und niyamas sind Prinzipien, die mich nicht einengen, im Gegenteil: sie schaffen Regeln, die für ein güt-liches Zusammenleben unerlässlich sind und die dazu beitragen, meine geistige Gesundheit zu fördern und zu verbessern.

zum Seitenanfang


1.2. Welche Aspekte sind für mich bedeutungsvoll bei der Vermittlung des Yoga?
Jeder Schüler, der zu mir in den Unterricht kommt, um die Techniken des Yoga zu erfahren, braucht in erster Linie eine Atmosphäre des Vertrauens und der Akzeptanz, in der er so sein darf, wie er ist. Er braucht den Raum der Selbstentdeckung, um sich mit seinen Stärken und auch mit seinen Schwächen auseinander zusetzen, deshalb ist es für mich wichtig, mich zurückzunehmen, ohne Anspruch auf Vollkommenheit, ohne alles wissen oder können zu müssen. Ich spiele keine Rolle, stelle mich nicht anders dar, als ich mich innerlich sehe oder erlebe. Ich demonstriere keine Sicherheit, wo keine ist.
Trotz aller Konzentration auf die Teilnehmer, versuche ich auch immer während des Unterrichts in Kontakt zu sein mit mir, meinem Atem und meinem Erleben. Ich handele aus meiner Mitte heraus und kann nur so meinen Schülern authentisch begegnen.
Wichtig ist für mich, dass die Teilnehmer Achtsamkeit sich selbst gegenüber entwickeln, sich und den Atem be-obachten, intensiv in ihr Körperempfinden hineinspüren, ohne zu werten. Ich maße mir nicht an, was für den Einzelnen richtig und gut ist, ich biete lediglich meine Unterstützung an, selbst herauszufinden, was für ihn angemessen ist.
All das steht unter dem Aspekt der Gewaltlosigkeit.
"ahimsa-pratisthayam tat-samnidhau vaira-tyagah." (Patanjali II / 35)
"In einer Atmosphäre des Friedens geben alle, die in diese Nähe kommen, die Feindschaft auf."

Auf den Yoga-Unterricht bezogen bedeutet dieser Aspekt, einen Raum zu schaffen, in dem jedes Praktizieren von Leistung und Druck, Eifer und Willen entfernt geschieht.
Ich möchte eine Atmosphäre schaffen, in der gegen-seitige Achtung und Unterstützung herrscht und jeder Teilnehmer so akzeptiert wird wie er ist, und nicht wie er sein sollte.

zum Seitenanfang


2.1. Was bedeutet des Prinzip des Fortschreitens?
Dieses Prinzip ist ein wichtiges Lehrkonzept, das darauf basiert, dem Schüler eine für ihn neue, unbekannte Technik, z.B. eines asanas, stufenweise erfahrbar und erlernbar zu machen. Man wählt als Unterrichtender den Weg der kleinen, aufbauenden Schritte, die von einfachen, bekannten Übungseinheiten zu der unbekannten, neu zu er-lernenden Praxis führen.
Die Aufgabe des Lehrers ist es, den Praktizierenden mit sorgfältig ausgewählten, aufeinander abgestimmten Vorübungen gut in der ausgearbeiteten, neuen Haltung ankommen zu lassen. Dabei ist es wichtig, dass das, was der Lehrer vermitteln will, so verständlich wie möglich dargestellt wird.
Der Yogalehrende sollte sich in die Situation des Yogalernenden hineinversetzen können und schwierige Übungen immer mehr vereinfachen.
Dieses kann dem Schüler durch eigene Demonstration, Bilder oder Dias verständlich gemacht werden. In jeder Phase des Unterrichtens sollten die Anweisungen des Lehrers klar und präzise sein und dem Schüler Raum geschenkt werden, um interessiert, motiviert, neugierig Schritt für Schritt auf das Ziel hinzuarbeiten.

zum Seitenanfang


2.2. Welche unterschiedlichen Faktoren sind im Lehr- und Lernprozess des Yogaunterrichts enthalten und wichtig?
Um einen effektiven Yogaunterricht zu gestalten, braucht es folgenden Faktoren: In diesem Prozess, in dem es um Vermittlung und Erwerb von Inhalten geht - in unserem Zusammenhang um das Wissen von Yoga -, ist der Schüler, der lernen möchte, der wichtigste Faktor. Ohne einen Lernenden gibt es für den Lehrenden keine Veranlassung zu unterrichten. Der Lehrer sollte in der Lage sein, Unterrichtsinhalte logisch und systematisch, für jeden Einzelnen angepasst, zu vermitteln und erlernbar zu gestalten.
Der ganze Erfolg des Lehrens hängt von der entsprechenden Darstellung ab. Die Klarheit der Praxis bestimmt das Verständnis des Lehrinhalts. Nicht nur das Vorführen und das anschließende Praktizieren bedeutet Lehren, sondern vor allem, dass der Lehrer alle Aspekte aus der Sicht des Lernenden bedenkt.
Effektives Lehren hängt auch davon ab, wie der Lehrer die Praxis analysiert, demonstriert und korrigiert, deshalb sind grundlegende Kenntnisse der psychologischen, physiologischen, anatomischen und pädagogischen Prinzipien wichtig, um in verantwortungsvoller Weise die ver-schiedenen Yogapraktiken an den Schüler weiterzu-geben.
Auch ein wichtiger Faktor in diesem Prozess ist das Schaffen einer Umgebung, in der dieses effektive Lehren und Lernen stattfinden kann. Der Raum, in dem Yoga unterrichtet wird, sollte ein angenehmes, wohltem-periertes Klima haben; Belästigung durch Lärm, Geruch oder sonstige Sinnesreizungen dürfen den Ablauf eines erfolgreichen Unterrichts nicht stören.

Eine herausfordernde Aufgabe für den Lehrenden ist es auch, im Lernenden Neugier und Interesse zu wecken. Das kann aber nur geschehen, wenn ich als Lehrer den Unterricht so gestalte, dass jeder Schüler in seinen momentanen Grenzen und Möglichkeiten praktizieren kann, um die Erfahrung von Zufriedenheit und Freude zu erhalten.
Wenn der Teilnehmer positive Erlebnisse aus dem Unterrichten erhält, wird er die Motivation haben, sein Praktizieren in Regelmäßigkeit zu erfahren.

zum Seitenanfang


2.3. Wie lösen Sie die Aufgaben, die sich einem/einer YogalehrerIn stellen bei der Arbeit mit bestimmten Zielgruppen, zum Beispiel mit Kindern?
Vor etwa einem Jahr bekam ich die Möglichkeit, in einem Hort einer hiesigen Grundschule eine Gruppe von Kindern im Alter von 6 - 10 Jahren im Yoga zu unterrichten.
Fast alle diese Schüler waren verhaltensauffällig, was sich in Hyperaktivität oder extremer Introvertiertheit äußerte.

Die erste Unterrichtsstunde war trotz Ausarbeitung eines Konzeptes kein Unterricht im Sinne des Yoga. Die Gruppe war zu groß, die Kinder waren laut, agressiv und wenig bereit, meinen Anweisungen bzw. Angeboten zu folgen.
Um mich allen Kindern in gleichem Maße widmen zu können, teilte ich die Gruppe, um jedem ein altersgerechtes Praktizieren zu ermöglichen.
Schüler der 1. und 2. Klasse haben ein anderes Bewusstsein für Körper und Bewegung, als Schüler der 3. und 4. Klasse. Die jüngeren Kinder brauchten zu Anfang jeder Stunde die Möglichkeit, durch Bewegung unnötige Spannungen loszulassen. Dieses "Ausschütteln" des Körpers, das den Kindern außerordentlich gefiel, nahm oft viel Zeit in Anspruch, hatte aber den Vorteil, dass die Kinder anschließend bereit waren, die Beruhigung von Atem und Puls zu erspüren.
Insgesamt sah die Yoga-Stunde so aus, dass ich die verschiedenen asanas in kleine Yoga-Spiele versteckte, denn an ein konsequentes Heranführen an die Yoga-Praxis war mit den Erstklässlern nicht zu denken.
In dieser Zeit brauchte ich viel Phantasie und Einfallsreichtum: mit Gegenständen, Stoffen und Materialien aus der Natur versuchte ich, bei den Kindern die Sinneswahrnehmung zum Beispiel für den Wandel der Jahreszeiten zu sensibilisieren.
Im Kreis sitzend war das Rezitieren eines mantras für alle Kinder von großer Bedeutung und nie durfte das mantra für den Wunsch der guten Zusammenarbeit zu Anfang der Stunde fehlen. Alle waren danach ruhiger und die Stunde hatte einen respektvollen Rahmen. Von der ersten Stunde an habe ich den Kindern die Sanskritnamen der einzelnen asanas vermittelt und war überrascht, wie gut sich diese, doch für uns recht schwierigen Namen, bei den Kindern spontan einprägten. Eltern, Lehrer und Erzieher der Grundschule waren nach etwa einem 1/2 Jahr Yoga-Unterricht der Meinung, dass das Verhalten der Kinder sich zum Positiven verändert hatte. Viele Kinder haben regelmäßig zu Hause gemeinsam mit ihren Eltern praktiziert, sodass sich in einzelnen Fällen zum Beispiel die Körperhaltung und sogar die Konzentration im Schulunterricht verbesserten.

Obwohl die Kinder mir viel Kraft abverlangten, möchte ich diese Yoga-Erfahrung nicht missen. Stets waren die Stunden geprägt von einem freundlichen Miteinander, Geduld und Aufmerksamkeit, denn ich weiß aus der Erziehung meiner eigenen Kinder, dass gegenseitige Wertschätzung der Grundstock für ein fruchtbares, respekt-volles Zusammenwirken ist.
Ich wünsche mir, dass ich durch mein Tun, den Kindern den Yoga in nachhaltig positiver Weise nahegebracht habe.

zum Seitenanfang


3.1. Was ist uddiyana? Was ist nauli?
Beschreiben Sie die Einzelheiten dieser Techniken. In welcher Beziehung steht diese Übung zu verschiedenen Druckverhältnissen des Körpers und in welchen Körperräumen finden diese statt?
Zuerst muss unterschieden werden zwischen uddiyana bandha und uddiyana: uddiyana bandha wird mit voller Lunge praktiziert und ist Bestandteil von pranayama - uddiyana wird mit leerer Lunge praktiziert. Beiden ist gemeinsam, dass sich das Zwerchfell nicht in den Bauchraum hineinsenkt, obwohl eine scheinbare Einatmung in den Brustkorb erfolgt.
Uddiyana = Hebung des Zwerchfells
Uddiyana nach Ausatmung wird im Stehen mit leicht gegrätschten Beinen durchgeführt, wobei der Oberkörper etwas gebeugt ist und die Hände auf den Oberschenkeln ruhen. (Ebenso ist eine Praxis von uddiyana in padmasana möglich.) Nach möglichst vollständiger Ausatmung wird der Kehlkopf verschlossen und eine Einatmungsbewegung im Bereich des Brustkorbs durchgeführt, wodurch die Bauchdecke entspannt wird. Durch diese simulierte Einatmung entsteht ein Unterdruck im Brustraum, wodurch das Zwerchfell nach oben gehoben und die Bauchdecke nach innen gesogen wird.

Nauli gilt als die Krone der kriyas und wird ebenso wie uddiyana im Stehen mit gegrätschten Beinen und gebeugtem Rücken praktiziert. Auch in dieser Haltung liegen die Hände auf den Oberschenkeln. Nach vollständiger Ausatmung wird zunächst uddiyana praktiziert.

Nach der simulierten Einatmung werden jetzt gleichzeitig die beiden geraden Recti-Bauchmuskeln in der Mitte des Bauches zusammengezogen, sodass sie sich in vertikaler Richtung wulstartig über den gesamten Bauchbereich ziehen und die seitlichen Teile des Bauches unterhalb der Rippen weitestgehend eingesaugt bleiben.

Wichtig ist jetzt, die Bauchmuskulatur völlig entspannt zu halten. Dieses wird nauli madhya oder mittleres nauli genannt. Erst wenn diese Praxis mühelos ausgeführt werden kann, beginnt man mit der Isolation des rechten Recti-Bauchmuskels (daksina nauli) und des linken (vama nauli) und rollt sie jeweils abwechselnd zur rechten und linken Seite, indem man mit den Händen entweder auf das rechte oder linke Knie gemäßigten Druck ausübt. Die rasche Abfolge dieser einzelnen Schritte im Uhrzeigersinn ist naulicalana: madhya - daksina - uddiyana - vama - madhya - usw., welches auch entgegen dem Uhrzeigersinn praktiziert werden sollte. Die Praxis von uddiyana und nauli erzeugt einen großen Unterdruck im Brust- und Bauchraum. Dies führt dazu, dass venöses Blut, besonders aus den Beinen ange-saugt und dem rechten Herzen zugeführt wird, dadurch entsteht eine sanfte Anregung des Kreislaufs. Durch das nach innen Ziehen der Bauchdecken entsteht ein starker Unterdruck in allen Bauchhöhlen, dadurch werden die Organe im Bauchraum leicht massiert und zu optimaler Tätigkeit (Verdauung) angeregt, weshalb uddiyana und nauli hervorragende Praktiken für den frühen Morgen sind.

zum Seitenanfang


3.2. Beschreiben Sie die Physiologie der Atmung
Die Atmungsorgane Nase, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien und Lungen bilden zusammen das Atmungssystem, das unseren Körper mit Sauerstoff (O2) versorgt und das Abfallgas Kohlendioxid (CO2) entsorgt.
Man bezeichnet die Atmung physiologisch als Gasaustausch und unterscheidet äußere und innere Atmung.
Als äußere Atmung wird der Gasaustausch in der Lunge bezeichnet; die innere Atmung vollzieht sich innerhalb der Körperzellen.
Beim Einatmen wird Luft, die zu 20 % aus Sauerstoff, 78 % aus Stickstoff, aus kleinen Mengen an Kohlendioxid und Wasser besteht, durch die Nase, den Rachen, die Luftröhre und die Bronchien in die Lunge befördert. Hier teilen sich die Bronchien weiter auf, sodass ein "Baum" aus kleinen Ästchen (Bronchiolen) entsteht. Diese verästeln sich weiter und enden schließlich in den Lungenbläschen, den Alveolen.
Der Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft tritt durch die Wand der Alveolen in die sie umgebenden Blutkapillaren, wo er vom Hämoglobin in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) gebunden wird. Das so mit Sauerstoff angereicherte Blut gelangt zum Herzen und wird von dort mit Hilfe der Erythrozyten in alle Zellen des Körpers gepumpt.
Hier trifft der Sauerstoff auf Nahrungsmoleküle aus Zucker, Fetten und Eiweißen, die in einer komplexen Reaktionskette durch den Sauerstoff verbrannt werden (Oxidation). Durch diesen Verbrennungsvorgang wird den Zellen und somit dem Organismus lebenswichtige Energie zur Verfügung gestellt und Wärme erzeugt, die unsere Körpertemperatur konstant auf ca. 36o hält.

Gleichzeitig entsteht durch diesen Oxidationsprozess das Abfallprodukt Kohlendioxid, welches auf dem Blutweg zu den Alveolen zurückgeführt und über die Atmungsorgane ausgeatmet wird.

Atemmechanik: Die Lunge befindet sich im Inneren des dehnbaren und sehr beweglichen Brustkorbs, denn aufgrund der Brustmuskulatur können sich die Rippen, das Brustbein und die Wirbel bewegen. Die Lungenunterseite grenzt an das Zwerchfell, das vom Lungen-Magen-Nerv die notwendigen Impulse für die rhythmischen Kontraktionen während der Einatmung erhält. Da sich die Kontraktion des Zwerchfells in Übereinstimmung mit dem Ausdehnen des Brustkorbs vollzieht, dehnt sich zugleich auch die Lunge: Da die Lungenhöhle durch das Rippen- und Lungenfell mit der Lunge verbunden ist, dehnt sie sich durch die Bewegung des Zwerchfells nach unten und durch die Bewegung des Brustkorbs nach außen. Auf diese Weise entsteht im Inneren der Lunge ein Sog, der die äußeren Druckbedingungen unterschreitet. Dieses Absinken des Druckes wird durch die eingeatmete Luft wieder ausgeglichen. Die Luft strömt in den Rachen, über den Kehlkopf in die Luftröhre, in die Bronchien und schließlich in die entferntesten Lungenbläschen (Alveolen). Im Gegensatz zur Einatmung ist die Ausatmung ein passiver Vorgang. Durch das Senken des Brustkorbs verkleinert sich der Brustraum in horizontaler Richtung. Das Zwerchfell entspannt sich, während sich gleichzeitig die Bauchdeckenmuskulatur anspannt und die Bauch-decke nach innen bewegt wird, sodass die Organe im Bauchraum nach innen oben geschoben werden. Der Brustraum verkleinert sich durch das nach oben geschobene Zwerchfell in vertikale Richtung. Die Luft wird aus den Alveolen und durch die oberen Luftwege ausgeatmet.

Die Atmung wird von drei Faktoren beeinflusst; jede Veränderung, die im Körper stattfindet, beeinflusst die Atmung. So beschleunigt sich z. B. bei großer physischer Anstrengung die Respiration, was als physiologischer Aspekt bezeichnet wird. Auch emotionale Einflüsse beeinträchtigen den Atemvorgang; Lachen, Weinen oder depressive Zustände verändern das Atemmuster und spiegeln innere Zustände wider.

Letztlich kann die Atmung aber auch willentlich beeinflusst werden. Singen und Sprechen zum Beispiel sind zwei Aktivitäten, in denen der Atem verlängert wird. Auch die Praxis von pranayama muss unter diesem Aspekt der willentlichen Beeinflussung der Atmung verstanden werden.

zum Seitenanfang


3.2.1. In welcher Weise nimmt pranayama Einfluss auf die Atmung und das Körpergeschehen?
Was bedeutet pranayama?
Kuvalayananda bezeichnet pranayama als "Pause in der Bewegung des Atems". Pranayama bildet nach Patanjalis achtgliedrigem Yogaweg den Übergang von den "äußeren" (bahiranga) zu den "inneren" (antaranga) Gliedern. Das kontrollierte und korrekte Üben von pranayama bereitet das Bewusstsein allmählich auf die Meditation (dharana und dhyana) vor. Eine regelmäßige Praxis von asanas sollte den Körper vorher soweit stabilisieren, dass dadurch sicherheitsgebende Grundlagen für eine gefahrlose Bewusstseinsveränderung gegeben sind. Wenn sich der Atem verlangsamt, verlangsamen sich auch die Bewegungen des Geistes: "citta-vrtti-nirodhah" (Patanjali I/2). In seinen Sutren beschreibt Patanjali in II/49-53, dass durch pranayama das innere Licht enthüllt wird, der Schleier der Unkenntnis verschwindet und die Fähigkeit zur Konzentration des Denkens entstehen kann.
In der Hatha-Pradipika finden wir im zweiten Kapitel über die Wirkungsweisen von pranayama eher physische und physiologische Einflussnahmen: Reinigung der nadis (HP II/2-4); endokrine Veränderungen (HP/19) Entgiftungs-wirkungen (HP/37); Integration des Nervensystems (HP/42).

pranayama besteht aus drei Teilen: Im Gegensatz zur normalen Atmung wird durch die Praxis von pranayama die Ein- und Ausatmung kontrolliert und allmählich verlängert. Dadurch verbessert sich die Funktion und Kapazität der Atmung, was sich positiv auf den Blutkreislauf auswirkt.
So entsteht bei kumbhaka vorübergehend eine erhöhte CO2-Spannung im Blut, diese bewirkt einerseits eine Beruhigung, bzw. eine Resonanzdämpfung der Affekte. Andererseits werden von den Dehnungsfühlern in der Lunge ständig Impulse an des Atemzentrum gesendet, um eine Ausatmung zu erwirken (der sog. Hering-Breuer-Reflex). Teile dieser Signale treffen auf das dem Atemzentrum benachbarte Weckzentrum im Gehirn und lösen dort die Anregung der Herztätigkeit und die Erhöhung des Blutdrucks aus, was gleichzeitig zu gesteigerter Wachsamkeit führt. (Dr. Gottmann)
Durch den Druck auf den Carotissinusnerv, beim Setzen von jalandhara-bandha, meldet dieser fälschlicherweise einen erhöhten Blutdruck, worauf eine Gegenregulation einsetzt, die die Herzfrequenz und den Blutdruck nicht erhöhen.
Diese Beeinflussung des Blutkreislauf wirkt sich auf die Nahrungsabsorbtion aus, d.h. Nahrung wird effektiv aufgespaltet, so dass die inneren Organe optimal versorgt werden und funktionieren können, was in hohem Maße zur Gesunderhaltung des Körpers beiträgt. Beim Atemanhalten nach Einatmung entsteht durch das Setzen von uddiyana-bandha im Bauchraum ein Überdruck, bei gleichzeitig hineingesenktem Zwerchfell und kontrollierter Bauchdeckenmuskulatur. Dadurch werden die Organe im Bauchraum leicht stimuliert und die Peristaltik verstärkt, was sich positiv auf die Verdauung auswirkt.

zum Seitenanfang


3.2.2. Welche Prozesse finden im kumbhaka statt und welche wichtigen Punkte sind zu beachten?
Auf die wichtigsten Aspekte bin ich schon in der vorherigen Frage eingegangen; hier möchte ich lediglich die Punkte hinzufügen, die bei der Praxis von kumbhaka zu beachten sind.
Da jede Form von pranayama bzw. kumbhaka einen enormen Eingriff in die physiologischen Abläufe des Körpers darstellt, muss das Körperbewusstsein vor Erlernen der pranayama-Techniken, durch die Praxis von asanas gestärkt werden.
Zu beachten ist, dass pranayama-kumbhaka mit der höchsten Achtsamkeit und in absoluter Ruhe praktiziert werden sollte. Jede Überforderung durch ein zu langes Atemanhalten muss unbedingt vermieden werden; nie darf ein Gefühl von Lufthunger bzw. Atemnot entstehen.
Ein zu tiefes Ein- und Ausatmen kann bei Menschen, die nicht daran gewöhnt sind große Energiemengen in sich aufzunehmen, Benommenheit, Schwindel bis zur Hyperventilation (Überatmung) bewirken.
Die meisten pranayamas beinhalten kumbhakas, die in einem festen Zeitverhältnis zur Ein- und Ausatmung stehen müssen, erst dadurch entsteht der Effekt des pranayamas, die Beruhigung des Geistes bei gleichzeitig steigendem Wachheits- und Aufmerksamkeitsgrad. (Dr. Gottmann)

zum Seitenanfang


3.3. Beschreiben Sie Aufbau und Funktion der Wirbelsäule und ihre Beanspruchung am Beispiel eines asana.
Die Wirbelsäule ist die wichtigste Stützstruktur unseres Körpers und besteht aus 33-34 Knochenelementen, die als Wirbel bezeichnet werden und deren Aussehen und Struktur funktionsabhängig sind. Die Wirbelsäule wird in folgende fünf Bereiche unterteilt:
Halsbereich: besteht aus 7 Wirbeln und ermöglicht die Drehbewegung des Kopfes. Der erste Halswirbel (Atlas) bildet mit dem Hinterhauptbein des Schädels ein Gelenk, das die Vor- und Rückwärtsbewegung des Kopfes ermöglicht. Der Atlas selbst ist durch ein Zapfengelenk mit dem zweiten Halswirbel (Axis) verbunden:
Dabei gleitet ein zylindrischer Fortsatz an der Axisoberseite in einen Ring der Atlasunterseite. Diese Gelenkverbindung wird durch ein spezielles Band gefestigt und ermöglicht sowohl kreisende als auch beugende Bewegungen. Die Kombination dieser beiden Gelenke ist die Grundlage aller möglichen Bewegungen des Kopfes, unserem größten Empfänger für die Reizaufnahme.
Brustbereich: setzt sich aus 12 Wirbeln zusammen, an denen die Rippenpaare, die den Brustkorb bilden, befestigt sind.
Lendenbereich: wird von 5 größeren Wirbeln gebildet, die den Hauptteil des Körpergewichtes tragen. Durch die aufrechte Körperhaltung werden diese Wirbel am meisten beansprucht.
Kreuzbein: besteht aus 5 miteinander verschmolzenen Wirbeln, die das mit den Beckenknochen durch Gelenke verbundene Kreuzbein bilden.
Steißbein: besteht aus 4 oder 5 Wirbeln, die ebenfalls miteinander verschmolzen sind. Es ist extrem zurückgebildet.

Da die Wirbel übereinander angeordnet sind, bildet das jeweils in der Mitte befindliche Loch einen zylindrischen Kanal, in dem sich das Rückenmark befindet. Jeder einzelne Wirbel ist mit Dornfortsätzen versehen, die als Ansatzstellen für die Muskeln und Bänder des Rumpfes dienen. Von der Seite aus gesehen, bildet die Wirbelsäule ein doppeltes "S". Die Brustwirbelsäule und das Kreuzbein sind nach hinten gekrümmt (Kyphose). Die Hals- und Lendenwirbelsäule sind nach vorne gekrümmt (Lordose). Diese Krümmungen sind Voraussetzungen dafür, dass die Wirbelsäule den großen Belastungen, denen sie täglich ausgesetzt ist, standhalten kann.
Sind die Krümmung zu wenig oder übermäßig ausgeprägt, so kommt es zur Überbelastung der Wirbel, Band-scheiben, Gelenke, Bänder und Muskeln.

1) Ansicht von links-lateral
2) Ansicht von ventral


  Halsbereich
  Brustbereich
  Lendenbereich
  Kreuzbereich


Die Kurven im Brust- und Lendebereich der Wirbelsäule erhöhen die Stabilität der gesamten Stützstruktur und tragen zu einer besseren Verteilung des Körpergewichts auf den Lendenbereich, das Becken und die unteren Extremitäten bei.
 


Während die Knochen der Wirbelsäule Kraft verleihen, geben die aus Knorpelgewebe bestehenden Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben) die nötige Flexibilität, um die auf die Wirbelsäule einwirkenden Stöße und Belastungen zu dämpfen. Die Bandscheiben haben einen faserigen äußeren Ring und einen gallertartigen inneren Kern.
Durch unsere aufrechte Körperhaltung sind die Bandscheiben einem ständigen axialen Druck ausgesetzt, der dazu führt, dass der innere Kern Flüssigkeit verliert, die aber durch Entlastung der Wirbelsäule (im Liegen) durch die semipermeable (wasserdurchlässige) Membran des Kernes wieder aus der unmittelbaren Umgebung aufgenommen werden kann. Man könnte dieses Nahrungsprinzip der Bandscheiben mit einem Schwamm vergleichen.
Die Wirbelsäule an sich ist ein passiver Bewegungsapparat, der nur mit Hilfe der Muskeln in der Lage ist, sich aufrecht zu halten oder zu bewegen.

In der Praxis von ardha matsyendrasana wird die Wirbelsäule in hohem Maße einer asymmetrischen Drehung ausgesetzt: diese Drehung der einzelnen Wirbel zueinander bewirkt einen großen Druck auf die Wirbelgelenke und versetzt die Faserringe der Bandscheiben in eine starke Beanspruchung, was mit einem leichten "Auswringen" der Bandscheiben verglichen werden könnte.
Deshalb ist bei der Praxis von ardha matsyendrasana unbedingt darauf zu achten, dass vor der Drehung eine Dehnung bzw. Streckung der Wirbelsäule erfolgt. Besonderer Achtsamkeit bedarf die Drehung in der Halswirbelsäule. Um Nackenverspannungen und damit verbundene Durchblutungsstörungen des Kopfes zu vermeiden, sollte der Nacken gestreckt und die Drehung in diesem sensiblen Bereich nur angedeutet werden. Die gleichmäßige Belastung beider Sitzhöcker am Boden stabilisiert, verteilt das Gewicht und richtet die Körperachse in der Mitte aus. Auch muss darauf geachtet werden, dass das Becken fixiert wird, um die Wirbelsäule in eine optimal wirksame Drehung zu führen.
Diese Punkte sollten beachtet werden, um degenerative Veränderungen der Wirbelsäule zu vermeiden.

zum Seitenanfang


4.1. Charakterisieren Sie den Begriff "asana".
Aus der Grundidee eine unbewegliche, stabile Haltung für die Meditation zu erlernen, entwickelte sich das asana.
Aus den traditionellen Texten ersehen wir, dass es hauptsächlich darauf ankam, das Einnehmen einer richtigen Sitzweise zu erlernen.
Das Wort wird aus dem Sanskritwort "as" abgeleitet und bedeutet "sitzen", bzw. eine Körperhaltung, als auch eine Sitzunterlage.
In den Yoga-Sutras  (II46-48) des Patanjalis finden wir die asana auf dem 8-gliedrigen Yoga-Weg, dem System des astanga-yoga als dritte Stufe.
Patanjali definiert hier asana als "sthira-sukham-asanam" (II/46); sthira bedeutet fest, stabil, beständig aber auch still, aufmerksam und bezieht sich auf die Stärke als physischer Aspekt, sukham bedeutet bequem oder ange-nehm und steht für Flexibilität und bezieht sich auf den mentalen Aspekt. Deshalb ist das Einnehmen eines asanas immer auch ein psycho-physischer Prozess.
Patanjalis Definition ist bedeutungsvoll: Asana ist weniger eine spezifische Körperhaltung, als vielmehr ein bestimmter Zustand. Beständigkeit und Wohlbefinden beziehen sich nicht nur auf die angestrebte körperliche Beschaffenheit, sondern auch auf die angestrebte geistige Verfassung. Wenn wir asanas praktizieren, können wir einen Zustand der Aufmerksamkeit, der Achtsamkeit erfahren und dennoch ohne Anstrengung in diesen Haltungen verweilen. Hat man eine bestimmte Yoga-Haltung (asana) eingenommen, versucht man, mehr und mehr zu entspannen. Oft gelingt es, in diesem Zustand den Geist vom Körper zurückzuziehen und ihn auf ein weites Objekt zu richten (z.B. das Meer, die Weite des Himmels). Diesen Zustand der Unendlichkeit nennt Patanjali ananta samapatti (II 47).
Es gibt methodische Grundprinzipien, die für die Ausführungen aller asanas gelten. Asanas sind keine sportlichen Übungen, die Bewegung beinhalten. Es sind statische Haltungen, in die man langsam, ohne ruckartige Bewegung hineingeht. "Beim Verharren ruht die Aufmerksamkeit auf der maximal möglichen muskulären Relaxation der nicht unmittelbar für die Aktion benötigten Muskeln, wobei auch die Atmung entspannt und ruhig sein soll. Die Zielgröße Entspannung ist typisch für den Yoga." (Dr. Ebert)
Asanas sind in erster Linie statische Dehnungen, die einen optimalen Muskeltonus im Körper erzeugen, um die Wirbelsäule beweglich zu halten und die Muskulatur des Rückens zu stärken. Ferner fördern sie die Funktionen der inneren Organe, wirken in positiver Weise auf den gesamten Halteapparat (Gelenke, Sehnen und Bänder), und nehmen Einfluss auf das autonome Nervensystem.
Durch eine stetige und korrekte Praxis der asanas können Körper und auch Geist gefestigt werden, so dass sich im Menschen eine Änderung in der äußeren Haltung, als auch im Verhalten zeigen kann.
Die asana-Praxis sollte immer geprägt sein vom "Prinzip des Fortschreitens". Alle Haltungen müssen der übenden Person entsprechen, d.h. als Lehrer muss ich Alter, Geschlecht, körperliche Voraussetzungen und die Dauer der Praxis mit in die Vermittlung von Yoga einbeziehen, um dem Übenden die Möglichkeit zu bieten, sich in seinen momentanen Grenzen zu erfahren.
Man unterscheidet drei Gruppen von asanas: meditative, körperpflegende und entspannende asanas, die entweder im Stehen, im Sitzen oder im Liegen praktiziert werden.
Indem wir lernen, uns zu entspannen, indem wir die Verspannungen der Muskeln und Gelenke immer mehr auflösen, erfahren wir ein Gefühl der Zufriedenheit, das auch unseren Geist beruhigt. Ein Zur-Ruhe-Kommen des Körpers bewirkt immer auch ein Zur-Ruhe-Kommen des Geistes, des Atems und unserer gedanklichen Aktivitäten.
Auch hier gilt als Ziel: "citta-vrtti-nirodhah" (Patanjali I/2).

zum Seitenanfang


4.1.1. Beispiele aus meiner eigenen asana-Praxis:
Meine bevorzugten asanas sind die Umkehrhaltungen: aus viparita-karani-mudra heraus in sarvangasana und halasana zu verweilen bedeutet für mich die ideale Entspannung bei gleichzeitiger Achtsamkeit auf meinen inneren Raum. Ich genieße die Flexibilität meiner Wirbelsäule, empfinde die Enge im Brustkorb nicht als unangenehm und lasse den Atem ganz natürlich in den Bauchraum strömen.
Meine im Laufe der Jahre manifestierte Varicosis (Krampfadern) profitiert von den nach oben gestreckten Beinen. Das venöse Blut kann relativ schnell zurück zum Herzen fließen, sich neu mit Sauerstoff anreichern und die Organe im Bauchraum optimal durchbluten und so deren Funktion verbessern.

Auf der psychisch/spirituellen Ebene erfahre ich durch die asanas der Umkehr eine andere Sicht auf die Dinge und Angelegenheiten in meinem Leben und versuche sie aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen. Wenn ich bereit bin, den Blickwinkel auf die Geschehnisse meines Daseins zu verändern, biete ich meinem Geist die nötige Flexibilität, die ich für mich und mein Leben brauche, um Veränderungen vorzunehmen, die eine Bewusstseins-veränderung in positivem Maße zulassen.

zum Seitenanfang


4.2. Was ist der Unterschied zwischen dharana und dhyana?
Die Fixierung des Denkens auf einen Punkt, auf ein Meditationsobjekt bzw. das Aufhalten des psycho-mentalen Flusses ist dharana.
Die Konzentration und Einsgerichtetheit des Bewußtseins wird auf einen bestimmten Gegenstand, ein bestimmtes Thema oder ein Objekt gelenkt, um die Bewegungen des Geistes zur Ruhe zu bringen. Patanjali meint in III/1 (desa-bandhas cittasya dharana) das Festhalten des Geistes an ein bestimmtes Objekt.
Dabei wird die Achtsamkeit und Aufmerksamkeit des Betrachters geschult und die Nebengedanken und Störfaktoren werden immer mehr eliminiert bis man den Zustand der yogischen Meditation erreicht, den man dhyana nennt. Patanjali definiert es als einen Strom geeinten Denkens (III/2), die fortwährende Gerichtetheit auf ein (Meditations-)Objekt. Dhyana verwandelt sich in samadhi, wenn das Meditationsobjekt sozusagen leer wird in seiner ursprünglichen Erscheinungsform und in seiner Wirklichkeit aufleuchtet.
Der umfassende Begriff dieser drei letzten Yoga-Glieder dharana, dhyana und samadhi wird als samyama bezeichnet.

zum Seitenanfang


4.3. Was wissen Sie über mantra? Erläutern Sie "Om" und ein weiteres mantra.
Das Wort mantra kann verschieden übersetzt werden, es stammt aus der Sanskrit-Wurzel "man" was Denken, Denkfunktion bedeutet, "tra" ist eine Art "Werkzeug-Wort"; das Denken wird sozusagen als Instrument benutzt. "Tra" wird auch mit überwinden übersetzt, in dem Sinne, dass man den Daseinskreislauf überwindet, sich befreit von samsara, dem Kreislauf der Wiedergeburten. Die klassische Definition nach hinduistischer Tradition: Das Denken, das den Daseinskreislauf überwindet, heißt mantra: "mananat trayate iti mantrah".
Ein mantra ist ein Gedanke, der von einem heiligen Wort umschlossen wird und tiefe spirituelle Bedeutung hat. Der Wortklang spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Manchen Autoren zufolge gab es den Ton vor der Erschaffung des Alls, seine Schwingungen halten die Atome der Welt zusammen.
Mantras sind heilige Silben, in denen bestimmte Formen kosmischer Macht (sakti) eingeschlossen sind. Der ursprüngliche Klang ist isvarasakti, die sakti der Schöpfung, ein undifferenzierter, potentieller Klang, der sich auf verschiedenen Ebenen manifestiert. Es gibt unterschiedliche mantras, etwa das bija-mantra (Keimmantra), dessen Energie den menschlichen Körper und das All durchdringt (Energie-Vibrationen).
Ein mantra muss keine Wortbedeutung haben, wichtig ist sein Klang. Komplexe mantras, die aus einer Abfolge heiliger Silben bestehen, werden oft ohne Kenntnis ihrer genauen Bedeutung rezitiert. Viele heilige Schriften des Hinduismus, wie z. B. die Veden, wurden von einer Generation zur nächsten - oft nur mündlich - weitergegeben, obwohl nicht alle das alte Sanskrit verstanden, in dem sie überliefert wurden. Wenn man die heiligen Silben rezitiert, nimmt man die im Klang enthaltene Kraft in sich auf.
Die indische Philosophie lehrt uns, dass die Materie aus Klang entstand. Der heiligste dieser Klänge, die Silbe "Om", ist älter als das All. "Om" ist der Name oder das Symbol Ishvaras, des persönlichen Gottes mit Eigenschaften (Patanjali I/27) und Brahmans, des Absoluten.
"Om" steht für alle Welten der Erscheinung; aus dieser göttlichen Silbe entstand das Universum der Sinne. Diese "Grundsilbe" (mula mantra) erzeugt die kosmische Schwingung, die die Atome des Himmels und der Erde zusammenhält. Daher könnte man alle scheinbar festen Gegenstände und Wesen als Ausdruck von Urklängen ansehen. Da die Silbe "Om" vor den Dingen da war, wird sie als Gebetsanrufung oder heiliger Gesang eingesetzt, oft ist sie der Schlussklang, vergleichbar mit dem jüdischen und christlichen Amen. Im Yoga ist "Om" ein wichtiger Teil der Meditation.

Das Gayatri-mantra: Dieses mantra ist eines der bekanntesten mantras des Hinduismus und wird als "Mutter der Veden" (Vedamata) bezeichnet, als die sakti, die die Veden geboren hat. Es ist der heiligste Vers des Rigveda.
Für dieses mantra gibt es viele Übersetzungen, wobei ich persönlich die folgende für meine mantra-Rezitation am treffendsten empfinde: Das Gayatri-mantra ist das kraftvollste und glorreichste mantra.
Es ist für mich ein aufrichtiges Gebet um Licht, das sich an den allmächtigen, höchsten Geist richtet. Die Gottheit, die diesem mantra innewohnt ist Savitur oder Savita, der Sonnengott, beziehungsweise ein Aspekt der Sonne als Schöpfer, ein Aspekt des Göttlichen.
Gayatri-sadhana, die spirituelle mantra-Rezitation kann jedem ernsthaft Suchenden, egal welcher Religion er angehört, eine Quelle der Kraft und Energie sein und ihn auf seinem Weg zum höchsen Gipfel der Freude und des Friedens führen.

zum Seitenanfang


5.1. Beschreiben Sie die Bedeutung des achtgliedrigen Yoga nach Patanjali.
Yoga bedeutet Integration unter Berücksichtigung der verschiedenen Aspekte der Persönlichkeit, zu denen wir Körper, Seele, Geist, Intellekt und die soziale, sowie die spirituelle Ebene zählen.
Das Ziel des Yoga ist es, all diese Faktoren in Einklang zu bringen, um unser Handeln so kontrolliert und harmonisch wie möglich zu gestalten.
Wenn wir bei Patanjali in I/2 lesen: "citta vrtti nirodhah", so nähern wir uns der wichtigsten Aussage über das Ziel von Yoga: Dieses Sutra bedeutet übersetzt, das Anhalten, bzw. das Kontrollieren der Bewegungen des Geistes.
Patanjali gibt uns den achtgliedrigen Yoga-Weg (astanga-yoga) vor.
Mit yama bezeichnet man die Formen der Kontrolle, die sich auf die innere Haltung beziehen und durch ethisches Handeln erreicht werden. Dazu zählen ahimsa (Gewaltlosigkeit sich und allen Lebewesen gegenüber), satya (Wahrheitsliebe, Wahrhaftigkeit), asteya (bewusster Umgang mit unserem Begehren, Aufgeben des Haben-Wollens, insbesondere von Dingen, die uns nicht gehören), brahmacarya (das richtige Maß im Handeln; dazu gehört auch die Sexualität, um zu verhindern, dass sie unser Denken beherrscht und wir uns in unseren Leidenschaften verzetteln). Das letzte yama ist aparigraha (Nicht-Anhäufen von Dingen, das Nichtvor-handensein von Gier oder Begierde).
Niyama sind Formen der Selbstdisziplin: sauca (innerliche und äußerliche Reinheit, samtosa (Zufriedenheit, Wertschätzung des Lebens), tapas (stetiges Bemühen, inneres Feuer, das uns antreibt, anstrengende und auch unangenehme Erfahrungen im Prozess der Selbstfindung zuzulassen), svadhyaya (Selbststudium, das Studium von Literatur, die unsere yogische Einstellung positiv unterstützt, auch das Rezitieren von mantras, um unsere Selbstreflexion immer wieder zu schulen) und isvara pranidhana (die Entwickung des Vertrauens der Hingabe an die höchste Kraft, um mit dem Schöpfer (Gott) eins zu sein; II/45: "Durch Hingabe an Gott erlangt man die vollkommene Versenkung (samadhi)").
Die yamas und niyamas sind Prinzipien, die dazu beitragen unsere geistige Gesundheit zu verbessern und uns eine Basis für ein integriertes Leben schenken.
Asana (Körperhaltung) bedeutet, dass bei der Meditation eine bestimmte Haltung eingenommen werden soll, wobei Patanjali in seinen Sutren auf die Beschreibung der Praxis der verschiedenen asanas nicht eingeht und einzig für die Meditation eine Position nennt, die stabil und angenehm sein soll (II/46: "sthira-sukham-asanam").

Ein weiteres Glied (anga), das nach der asana-Praxis praktiziert wird, ist pranayama, die bewusste Kontrolle des Atems. Patanjali sagt in II/49: "svasa prasvasa gativicchedah pranayamah". Svasa bedeutet Einatmung, prasvasa heißt Ausatmung und gativiccheda kann mit Pause übersetzt werden. Pranayama ist also der Stillstand in der Einatmungsphase (abhyantara), als auch in der Phase der Ausatmung (bahya), folglich definiert Patanjali pranayama als (An)halten des Atems.
Der nächste Aspekt ist pratyahara, was mit dem Zurückziehen der Sinne übersetzt werden kann. Unsere Sinne sind ständig Reizen ausgesetzt, die von außen auf uns einwirken und unseren Geist unstet und ruhelos machen. In pratyahara lernen wir, uns von dem Beherrschen und der Knechtschaft unserer Sinne durch äußere Objekte zu befreien. Pratyahara bildet eine Verbindung der äußeren Glieder (bahiranga) zu den inneren (antaranga): dharana, dhyana und samadhi. Diese Aspekte des Yogaweges nach Patanjali lehren uns die Stabilität des Geisteszustandes (manasah sthini bandana). Dharana befasst sich mit der Fähigkeit, zur Konzentration auf ein Objekt. In dhyana ist diese Konzentration fortwährend und ununterbrochen auf diesen Meditationsgegenstand ausgerichtet. Dhyana wird zu samadhi, wenn das Meditationsobjekt leer wird von seiner ursprünglichen Erscheinungsform und klar wahr-genommen wird in seiner reinen Essenz  (Patanjali III/3).

Missverständlich wäre es, den achtgliedrigen Yoga-Weg als "Treppe zum nirodhah-Zustand" zu sehen. Alle Glieder stehen in Beziehung zueinander und lehren uns, dass viele Prozesse parallel und gleichzeitig verlaufen können, alle haben das einzige Ziel: den Zustand von "citta vrtti nirodhah" zu erreichen.

zum Seitenanfang


5.2. Welches Kapitel der Bhagavadgita ist für Sie bedeutungsvoll? Begründen Sie dieses.
Die Bhagavadgita ("Gita" heißt Lied, Bhagavan heißt Gott), das Lied Gottes, ist einer der bedeutsamsten Texte der religiösen Weltliteratur. Die Gita wurzelt im Hinduismus, genauer gesagt, in dem Epos Mahabharata und den geschichtlichen Ereignissen, die darin bearbeitet werden. Sie entstand um 200 v. Chr. und handelt von einem Dialog zwischen Arjuna, einem Heerführer der Pandavas und Krsna (Inkarnation, "avatara" des Gottes Visnu), der sein Wagenlenker ist. Krsna offenbart Arjuna die verschiedenen Wege des Yoga.

Das 3. Kapitel - der Yoga des Handelns - ist für mich am bedeutungsvollsten. Hier geht Krsna auf die Zweifel Arjunas ein, der vor einer Schlacht steht, in der er gegen seine Verwandten antreten muss und diese im bevorstehenden Kampf sogar töten müsste. In dieser Pflicht sieht Arjuna keinen Sinn und befragt Krsna nach der richtigen Handlung. Dieser lehrt ihn, wie er sein Bewusstsein ändern kann, um die Notwendigkeit für sein Handeln zu erkennen.

Krsna gibt Arjuna zu verstehen, dass das Höchste nicht durch Entsagung erlangt werden kann. Probleme werden nicht dadurch gelöst, dass wir uns der Welt entsagen und an einen abgeschiedenen Ort flüchten. Niemand kann auch nur einen Augenblick völlig ohne Handeln sein (III/5), selbst unsere Atmung ist eine Form der Handlung.

Der Körper ist Bewegung und dem Austausch von Energien unterworfen. Wir befinden uns inmitten einer Welt der Aktivität. Der Mensch bleibt durch die von den gunas bestimmten Tätigkeiten unwillentlich in den karmischen Kreislauf eingefügt. So gesehen ist das Handeln dem Nichthandeln überlegen (III/8). Jeder hat die ihm vorgeschriebenen Pflichten zu erfüllen. Selbst wenn diese Tat unvollkommen ausgeführt wird, ist sie immer noch mehr wert, als übernähmen wir die Aufgaben eines Anderen in Vollkommenheit.
Die wichtigste Botschaft dieses Kapitels beruht darauf, auf die Annehmlichkeiten (Früchte) der Tat, aber nicht auf die Handlung selbst zu verzichten. Der Wunsch, etwas Sinnvolles, das Richtige tun zu wollen, sollte stets die Motivation zur Tat sein, um die Erwartungen auf gute Ergebnisse und den Erfolg, nicht als Hauptziel der Handlung anzusehen.
Die Botschaft Krsnas an Arjuna kann in drei Teile gegliedert werden: das Handeln ohne die Suche nach Anerkennung, diese Handlung zu einem Opfer zu machen und dieses Opfer dem Höchsten (Gott) zu widmen.

zum Seitenanfang


5.3. Erläutern Sie die Grundgedanken der Upanisaden.
Die Upanisaden entstanden etwa zwischen dem 7. und 5. Jahrhundert v.Chr. Sie sind der letzte Teil der Veden und werden auch als Vedanta (= das Ende der Veden) bezeichnet. Wörtlich bedeutet das Sanskrit-Verb upa-ni-sad sich nah (upa) bei jemandem nieder(ni)setzen(sad), "sich verehrungsvoll nahen" oder einfach "verehren". Der Schüler sitzt demütig zu Füßen des Lehrers (guru) bzw. des Weisen (rsis), der ihm die Weisheit, die mystische Wirklichkeit verkündet. Die Upanisaden gelten auch als "der Atem Gottes", den heiligen Offenbarungen (srutis), und gehören zu den wichtigsten spirituellen, traditionellen Schriften der Welt.

Im Gegensatz zu den Veden, den heiligen Schriften der Arier, werden in den Upanisaden nicht mehr die äußeren Götter in Opferritualen angerufen, viel wichtiger wird jetzt das Göttliche im Inneren, die Suche nach der heiligen Kraft (Brahman), die allen Dingen innewohnt. Die arischen Weisen glaubten, dass das Göttliche im Opfer verkörpert und widergespiegelt wird. Davon nahm man in den Upanisaden Abstand und ersetzte das "äußere" Opfer mehr und mehr durch das "innere" Opfer. Vom Ritual des Opfers gelangte man nun in die Meditation darüber, was das eigentliche Selbst des Menschen ausmacht und in welchem Zusammenhang es mit dem kosmischen Selbst (Brahman) steht.
Auf diesem Weg geben die Upanisaden uns einen Wegweiser vor, immer tiefer in uns selbst einzudringen, um zur Entdeckung bzw. zum Erkennen unseres wahren, wirklichen Selbst (atman) zu kommen und unser selbst-bezogenes, begrenztes Bewußtsein (Ego) und die daraus resultierenden Handlungen mehr und mehr aufzugeben. Durch die Meditation über die Upanisaden haben wir die Möglichkeit uns von diesen Begrenzungen zu befreien (moksha) und uns der reinen Wirklichkeit zu nähern, um das göttliche, das absolute Sein in allem zu erkennen. Die Frage nach dem atman, die wirkliche Identität des Menschen, wird zum wichtigsten Objekt der Suche in den Upanisaden.
Upa bedeutet Nähe; diese Nähe wird bedeutungsvoll, weil man sich in der "Nähe" eines geliebten Menschen aufhalten will, und auch Brahman, die alles durchdringende, göttliche Kraft wird für uns das "allernächste" sein.

zum Seitenanfang


5.4. Wählen Sie eine Textstelle aus den Upanisaden und kommentieren Sie diese.

Diese Textstelle entstammt der Isavasyopanisad. Die Isavasyopanisad ist Teil der (Weißen) Yayur-Veda.
Es handelt sich bei dem Auszug um die Anrufung, die in jeder Upanisad zu finden ist. Die Anrufungen sollen für die, die die Upanisad hören (werden), Ergebenheit und Demut erzeugen.

Die hier ausgewählte Upanisad verkündet bereits in der Anrufung ein Geheimnis der Welt: Die Fülle der Welt, der Bereich des Vielen gründet in der Fülle des Einen, das jenseits aller Welt, jenseits aller Formen und Namen ist und dass die Inder Brahman nennen. In jedem Wesen der Welt ist die volle Fülle des Einen gegenwärtig: als atman, das Selbst. Atman und Brahman entsprechen sich. Deshalb nimmt die Fülle des Einen nicht ab, auch wenn die volle Fülle des Vielen aus ihr strömt. Der Ursprung, der Quell, ist nur eine einzige Kraft, nämlich das "EINE".
Aber Erfüllung, reine Fülle liegt nicht hier, volles Leben liegt auch nicht dort. Nicht hier in der Welt mit ihren unendlichen Möglichkeiten, die uns die Wahl so schwer machen, aber auch nicht dort, im paradiesischen Himmel, den wir gegen die Welt eintauschen wollen. Das eine ist nicht ohne das andere denkbar. Solange wir uns aber wegsehnen aus den Umständen, in die wir gestellt wurden, solange unsere Sehnsucht die Welt nicht durchdringen, durchsichtig machen will, solange wird sie unerfüllt bleiben.
Volle Fülle, Vollendung, das Voll- und Ganz-Werden liegt hier wie dort; aber nur wenn wir die Zusammen-gehörigkeit erkannt, erlebt haben.
Der Mensch, die Welt haben nur Leben durch den Atemhauch Gottes. Das EINE, in dem alle Fülle ruht, verströmt sich in die Fülle der Vielfalt. Sein Wesen ist es Leben zu spenden. Es schafft die Gestalten, die Wesen dieser Welt als lebendige Spiegelbilder seines Wesens in unaufhörlicher Folge. Und obwohl es sich so verausgabt, ist es doch nie erschöpft, hört seine Fülle nie auf.
Wenn wir gelernt haben, dass wir die Fülle nicht für uns behalten können, wenn wir erfahren haben, dass Erfüllung im Verströmen, im Weitergeben des Empfangenen ist, dann müssen wir uns nicht mehr zerstreuen auf der Suche nach der richtigen Aufgabe, nach dem richtigen Partner oder Lehrer. Wenn wir bereit sind zu geben, uns zu geben, dann werden wir Erfüllung finden - überall. Wenn wir uns einfach erfüllen, können wir das Wechselspiel von Geben und Empfangen, Kommen und Gehen, von Geburt und Tod, von Einatmen und Ausatmen erleben. Dann ordnen wir uns ein in den Rhythmus allen Lebens und bieten uns an als Werkzeug, mit dem die göttliche Kraft umgewandelt wird für die weltlichen Aufgaben.

zum Seitenanfang


6.1. Beschreiben Sie ausführlich die Begriffe "purusa" und "prakrti" und ihre Beziehung zueinander.
Yoga und die Samkhya-Philosophie stehen historisch und inhaltlich in enger Verbindung. Oft wird auch gesagt, dass der Yoga ein Übungsweg ist, um die theoretischen Aussagen der Samkhya-Philosophie zu überprüfen und die von ihr postulierte Befreiungsmöglichkeit aktiv herbeizuführen.
Grundlegender Quellentext ist die Samkhya Karika, die von der Tradition selbst Kapila (ca. 6. Jh. v.Chr.) zugeschrieben wird. Der Samkhya besteht seit vielen Tausend Jahren und ist einer der ersten umfassenden philosophischen Entwürfe der Menschheit.
Samkhya postuliert zwei grundlegende und unüberwindlich voneinander getrennte Prinzipien: Prakrti wird umschrieben als Ur-Natur, das latente Prinzip der Materie, die letzte Ursache der Welt. Prakrti ist unbewusst und für sich und aus sich heraus nicht bewusstseinsfähig. Dieses Prinzip ist nicht Materie an sich, sondern als letzte Ursache feiner als alles, was aus ihm stofflich entsteht (wie auch der menschliche Geist).
Prakrti besteht aus drei Qualitäten, die als gunas bezeichnet werden: Die Erscheinungen der Welt entstehen aus unterschiedlichen "Mischungsverhältnissen" der gunas, während diese stets untrennbar miteinander verbunden bleiben und nicht einzeln wahrnehmbar sind. Alle Objekte der Welt, bestehend aus den gunas, führen entweder zu Genuß, zu Leiden oder sind neutral. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es keine positiven oder negativen gunas gibt, sondern nur ein Überwiegen des einen oder anderen. Ohne tamas gäbe es keine Festigkeit und Beständigkeit - zuviel tamas führt zu Erstarrung und Dumpfheit. Ohne rajas keine Veränderung, keine Entwicklung - zuviel rajas führt zu Verwirrung, Chaos. Und ohne sattva gäbe es keine friedliche Ausgeglichenheit und keine Harmonie. Ein Zuviel an sattva würde zum "Abheben", zu Verlust von Stabilität und Kontakt zur materiellen Welt führen.
Schon jetzt deutet sich an, dass die gunas eine objektive Seite in der äußeren Welt sowie einen subjektiven Aspekt in der inneren Welt haben. Nicht nur äußere Objekte, sondern auch Erlebniszustände und Tätigkeiten können entsprechend den gunas eingeordnet werden, je nachdem welcher "Mischungszustand" vorliegt, bzw. welches guna dominiert.
Purusa, das zweite Prinzip der Samkhya-Philosophie ist das reine Bewusstsein, das spirituelle Selbst. Es ist ewig, ungebunden und unberührbar. Was auch immer aus etwas anderem hervorgeht, oder Veränderung und Tod unterworfen ist, es ist nicht purusa. Dieses Prinzip des Bewusstseins (purusa) durchdringt alles, was aus prakrti entsteht. Je feinstofflicher die Evolute = Schöpfungen, Materialisierungen, die aus prakrti hervorgegangen sind, sich formen, desto eher vermag purusa sich darin zu zeigen. Alles in der Welt ist gleichsam ein Tropfen aus dem Unendlichen des purusa, der selbst unberührt und unveränderlich davon bleibt.
Der Samkhya entwickelt nun eine Theorie darüber, wie sich aus der ursprünglichen prakrti die gesamte Welt entfaltet. Auf einen einzelnen Menschen bezogen wird dieses folgender Maßen beschrieben:

Als erste Entwicklungsstufe der manifestierten prakrti nennt der Samkhya den Verstand (buddhi). Auf dieser Ebene werden willentlich Entscheidungen getroffen, wodurch sich eine Art "Ich-Substanz" entwickelt (ahamkara = Ich-Macher), die die Fähigkeit besitzt, zu identifizieren. Weiter entwickelt sich daraus die einfache Denkstruktur (manas) und die fünf Sinnesfähigkeiten (jnanendriyas): Hören, Fühlen, Sehen, Schmecken und Riechen, also die Fähigkeiten, Dinge wahrzunehmen, zu benennen und einzuordnen. Auf dieser Ebene werden auch die fünf Sinne des Handelns (karmendriyas): Sprechen, Greifen, Fortbewegen, Ausscheidung und Fortpflanzung angesiedelt. Mit ihnen verbunden sind die fünf feinstofflichen Elemente, die tanmatras: Klang, Berührung, Form, Geschmack und Geruch. Sie sind die Prinzipien, auf deren Basis die weiter entstehenden fünf groben Elemente wahrgenommen werden können, nämlich die mahabutas: Raum (Äther), Luft, Feuer, Wasser und Erde.
Aus der Samkhya-Philosophie ergibt sich unmittelbar ein Modell des menschlichen Geistes, was mit dem Begriff antahkarana (das innere Instrument) bezeichnet wird. Es handelt sich hierbei aber nicht um unser Instrument, sonder um das Instrument purusa, um sich in der Welt auszudrücken: "Die Selbstnatur der Wahrnehmungs-objekte existiert nur, um dem Zwecke des Sehenden (purusa) zu dienen." (Patanjali II/21) und "Die Verschmelzung der Kräfte der Objekte des Besitzers mit dem Besitzer (purusa) hat nur ein Ziel: das Erkennen der wahren Natur." (Patanjali II/23).
Purusa, das reine Bewusstsein und spirituelle Selbst, durchdringt alle Bereiche des Geistes und alle anderen Evolute aus prakrti bis hin zu den grobstofflichen Objekten. Der Geist des Menschen an sich ist unbewusste und unbelebte feinstoffliche Materie, erst die Durchdringung mit dem spirituellen Selbst verleiht ihm Bewusstsein. Gedanken und Gefühle sind beobachtbar. Das Beobachtete kann nicht der Beobachter sein, der Seher nicht das Gesehene. Ein und dasselbe kann nicht gleichzeitig Subjekt und Objekt sein.
Prakrti sind sozusagen die Werkzeuge für das höhere Selbst. Nur über den Geist, der wiederum über Sinnesorgane verfügt, kann purusa zu Erkenntnis kommen

zum Seitenanfang


6.2. Erklären Sie ausführlich die Bedeutung des kriya- yoga bei Patanjali.
Im zweiten Teil seiner Sutren beschreibt Patanjali den kriya-yoga.

Definition:
   kriya = Tat
   Yoga = citta-vrtti-nirodhah

Die Handlung, die aus citta-vrtti-nirodhah entsteht, ist kriya-yoga.
Im Bestreben, ein Leben im yogischen Bewußtsein zu führen, stößt man unweigerlich auf Schwierigkeiten, die Ergebnisse aus vergangenheitsbedingten vrttis (Handlungen, Zuständen) sind. Dieses wiederum führt zu leid-vollen Spannungen zwischen dem Vorgestellten, den Erwartungen und dem was real existiert.
Der psychosomatische Organismus, der das Ergebnis der Vergangenheit ist, leidet unter dem drückenden Gewicht dieser vergangenen Eindrücke (samskara) und seinem Verständnis von Yoga in der Gegenwart.
Um diese leidvollen Spannungen zu eliminieren, wird im zweiten Teil des Yoga-Darsana der kriya-yoga dargelegt.

Im ersten Sutra wird dieser Yoga mit tapas, svadhyaya und isvara pranidhana gleichgesetzt.
Tapas bedeutet wörtlich "durch das Feuer gestrafft", die Wurzel tap meint "heiß sein", erhitzen, intensiv sein.
Zwar wird traditionell tapas mit Askese des Körpers und des Geistes gleichgesetzt, doch wäre dieses Verständnis unvereinbar mit der Bedeutung von Yoga: citta-vrtti-nirodhah. Denn durch die leibliche und geistige Askese verstärken sich die leidvollen Spannungen, die die Hindernisse auf dem Yoga Weg darstellen.

Tapas bedeutet nach Patanjali, den Geist von Vergangenem zu befreien, um in den Zustand von citta vrtti nirodhah zu gelangen. Die Energie, die aufgewendet wird zur Tätigkeit der vrttis, soll umgewandelt werden in eine intensive Willenskraft für das eigentliche Sein.
Svadhyaya setzt sich zusammen aus sva = das eigene, selbst und adhyaya = lernen, studieren.
Svadhyaya bedeutet über "sein eigenes Selbst lernen". Gemeint ist hier nicht das Wissen, das wir aus Büchern oder durch Informationen und Erfahrungen anderer erlangen, sondern ausschließlich aus dem Beobachten der Aktivität der eigenen vrttis, wie sie auf alles, was den Geist berührt, entstehen. Durch dieses objektiv realistische Anschauen, sieht man, dass die vrttis ihre Kraft, Spannungen zu verursachen, verlieren. Durch diese "Reinigung" hört die Identifizierung mit ihnen auf.
Der dritte Aspekt des kriya-yoga ist isvara-pranidhana, isvara bedeutet Gott oder Herr; pra heißt intensiv und nidhana bezeichnet einen Ort, wo etwas niedergelegt wird. Isvara pranidhana heißt daher: der Raum, die Leere, voll von der Intensität des Seins, in dem Gott ist. Diese Hingabe an den Herrn oder Gotteserkenntnis steht in enger Verbindung mit dem Zustand von nirodhah, der von vrttis frei ist. Der Seinszustand ist unberührt von Spannungen und den daraus resultierenden Handlungen, deren Ergebnissen und Eindrücken. Die Gegenwart Gottes kann nur in einem Zustand frei von ichbezogenen Tätigkeiten des Geistes, in dieser inneren Ruhe (nirodhah) erfahren werden. Erst in dieser Leere, frei von vrttis, findet die Gegenwart Gottes ihre Berechtigung.
Yoga ist citta-vrtti-nirodhah und kriya-yoga besteht aus tapas, svadhyaya und isvara pranidhana. Dabei bezieht sich tapas auf die Reinigung des citta, svadhyaya auf die Reinigung der vrttis und isvara pranidhana steht in Verbindung zu nirodhah. Kriya-yoga steht folglich in vollem Einklang mit der Bedeutung von Yoga. Es geht nicht so sehr um die Handlung sondern viel mehr um das Bewusstsein des Handelns. Durch kriya-yoga wird die egozentrische Lebensweise, die aus konditioniertem Bewusstsein der Vergangenheit entstanden ist, verwandelt in eine yogische Art, in der Gegenwart zu leben. Man nähert sich immer mehr der Versenkung durch Meditation und eliminiert dadurch die klesas (innere Verstrickungen, Spannungen und Leidenschaften).

zum Seitenanfang


6.3. Erläutern Sie den Unterschied zwischen yogischem dhyana und intellektueller Konzentration.
Gewöhnlich wird dhyana als Meditation übersetzt. Das Sanskrit-Wort wird von der Wurzel dhyai chintayam abgeleitet und bedeutet denken, nachdenken oder reflek-tieren. Besser wäre es jedoch, dhyana als Gattungs-bezeichnung und als fortlaufenden Prozess zu be-zeichnen, der die verschiedenen Stadien der Absorbtion des Geistes einschließt; angefangen vom Zurückziehen der Sinne bis zu vollkommenen Vergessenheit der Außenwelt. Es ist ein ganzheitlicher, spezifischer Prozess, in dem die Aufmerksamkeit auf einen Gegen-stand, ein Meditationsobjekt gelenkt wird, mit dem Ziel samadhi (Versenkung) zu erreichen.

Oft wird Meditation mit Konzentration verwechselt, da wir dieses Wort für tägliche Aktivitäten, wie zum Beispiel das Lesen eines Buches oder das Lösen einer mathematischen Aufgabe benutzen. Doch sollte man dhyana mit der normalen intellektuellen Konzentration nicht verwechseln! Beides sind zwar auf ein Ziel gerichtete Denkprozesse, doch unterschiedlich in ihrer Absicht und der inneren Verfassung, in der sie geschehen.

Intellektuelle Konzentration ist in eine Richtung gewandt, aus der heraus eine Vervielfältigung der Gedanken geschieht. Man könnte dieses mit einer Kettenreaktion vergleichen, in der die Bewegungen des Geistes sich immer mehr verzweigen. Diese Konzentration bleibt bis zum Schluss aktiv und führt nicht in die kontrollierte Introversion, wie sie in dhyana erfahren werden kann.

Dhyana ist eine Übung in vermehrter, aber kontollierter Verinnerlichung durch ein allmähliches Abnehmen und schließlich die völlige Eliminierung der Eindrücke, die durch die Reize von außen entstehen.

zum Seitenanfang


Susanne Worms © Januar 2004